Zwei Brandanschläge auf Roma in vier Wochen



Plauen: Brandanschlag mit rassistischer und antiziganistischer Kommentierung

In Plauen wird am 29.12.2017 ein Brandanschlag auf ein Haus verübt, in dem vor allem Roma-Familien aus der Slowakei und Rumänien wohnen. 19 Personen wurden dabei verletzt. Zwei Frauen und ein zwei und ein fünf Jahre altes Kind wurden so schwer verletzt, dass sie in Lebensgefahr schwebten. Augenzeugen berichten von rassistischen Kommentaren und „Sieg Heil“-Rufen von Anwohnerinnen. Außerdem sollen Feuerwehrleute beim Einsatz attackiert worden sein.
 
Von Simone Rafael
 
In der Nacht vom Freitag, den 29.12.2017, auf Samstag, den 30.12.2017, kam es zu einem Brandanschlag in Plauen. Im Keller eines Hauses in der Trockentalstraße 86 wurde Feuer gelegt, das in der Folge so stark wütete, dass das Haus nun unbewohnbar ist. Es wurde vor allem von Roma-Familien aus der Slowakei und Rumänien bewohnt wurde. Zum Tatzeitpunkt gegen 22.40 Uhr befanden sich 40 Menschen im Haus, 19 von ihnen wurden zum Teil schwer verletzt, darunter auch 8 Kinder. Der mutmaßliche Täter wurde kurz nach der Tat von der Polizei festgenommen. Trotz der Schwere des Vorfalls wurde der Fall bisher nicht überregional beachtetet.
 
Motiv des mutmaßlichen Täters? Er schweigt

Da Brandstiftung das Feuer verursacht hat, ermittelt das Morddezernat der Polizei derzeit auch, ob eine rassistische oder antiziganistische Motivation für den Anschlag vorliegt. Der Lokalpresse ist zu entnehmen, dass der 25-jährige tatverdächtige Deutsche bis Oktober 2017 selbst in dem Haus in der Trockentalstraße gewohnt habe, aber mit der Miete im Rückstand war und aus dem Haus ausgezogen ist. Kann ein Streit mit dem Vermieter die Hauptmotivation dafür sein, ein von Familien bewohntes Haus anzuzünden? Der Täter schweigt laut Angabe der Staatsanwaltschaft bisher zur Tat (mdr). Gegen ihn wird wegen versuchten Mordes in mehreren Fällen, schwerer Brandstiftung und schwerer Körperverletzung ermittelt. Eine Anfrage von Belltower.News zum aktuellen Ermittlungsstand wurde bislang nicht beantwortet.
 
19 Verletzte, davon 4 Schwerverletzte

Die 19 bei dem Brandanschlag verletzten Menschen wurden noch in der Nacht auf Krankenhäuser in Zwickau, Greiz, Rodewisch verteilt. Ein zweijähriges Kind und ein fünfjähriges Kind sowie zwei 29 und 39 Jahre alte Frauen wurden schwer verletzt und noch in der Nacht in Spezialkliniken in Leipzig, Halle und Dresden verlegt. Sie sind inzwischen außer Lebensgefahr. Sieben Personen im Alter von ein bis 29 Jahren wurden laut Landeskriminalamt leicht verletzt im Krankenhaus behandelt, die anderen 8 konnten nach kurzer Zeit wieder entlassen werden (mdr). Auch zwei Feuerwehrleute wurden leicht verletzt und ambulant behandelt (Vogtland-Anzeiger).
Die unverletzten oder bereits wieder aus dem Krankenhaus entlassenen Bewohnerinnen des Hauses sind aktuell privat oder in Wohnheimen als Notunterkünfte in Plauen und Rodewisch untergebracht, denn das fünfstöckige Haus ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft nicht mehr bewohnbar. Die Bewohnerinnen sind nach dem Anschlag traumatisiert und werden über Spenden, Kleiderkammern und die Plauener Tafel mit dem nötigsten versorgt. Viele flohen barfuss und leicht bekleidet aus dem brennenden Haus. Für die größeren Familien wird nun dringend Wohnraum gesucht.
 
Anwohner kommentierten rassistisch und attackierten Helfer

Alarmierend für die Situation im Stadtteil ist ein Bericht in der „Freien Presse“ vom 09.01.2018 über zwei 18 und 19 Jahre alte Schüler, die auf dem Rückweg vom Kino an dem brennenden Haus vorbeikamen und spontan Hilfe leisteten, als sie um 22.40 Uhr um Hilfe rufende Menschen am Straßenrand wahrnahmen. Die Schüler berichten unter anderem, im zweiten Stock hätten Männer Kinder an den Handgelenken aus den Fenstern gehalten. Eines fing einer der Schüler auf. "Der etwa drei Jahre alte Junge hat laut geweint, ich habe ihn in den Schal einer Frau gewickelt und ihn hin- und hergetragen."  Bei dem Versuch eines Mannes, ein zweites Kind an den Knöcheln zu fassen und herzunterzuheben, habe es sich überschlagen. Ein drittes Kind habe ein halb verbranntes Gesicht gehabt, beschreibt der Schüler in der „Freien Presse“, der den kleinen Jungen bei den Rettungssanitätern ablieferte, die inzwischen vor Ort waren. Auch einem älteren Mann und seinem Hund halfen die Schüler auf die Straße.
Weiter berichten die Jugendlichen: Menschen auf der anderen Straßenseite hätte nicht nur tatenlos zugesehen, sondern gefragt, warum sie den Leuten helfen würden. Man solle sie doch verbrennen lassen. Ein Mann habe "Sieg Heil" gerufen und sei dann in eins der Häuser, um hinter dem Fenster weiter zuzusehen. Anwohner haben laut einem BILD-Bericht sogar Feuerwehrleute angegriffen, die den Brand löschen und den Menschen helfen wollten. Die Staatsanwaltschaft bestätigt, dass gegen zwei Personen wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung und Körperverletzung ermittelt werde. 
Andere Anwohnerinnen dagegen hätten Decken und Tee gebracht.
 
Sozial schwieriges Quartier: Anwohner bestehlen Anschlagsopfer

Eine Reporterin der Freien Presse berichtet, das Haus läge in einem Gebiet Plauens mit „städtebaulichen Missständen“ und einer schwierigen sozialen und einkommensschwachen Struktur. Ungewöhnliche Konflikte um das Haus und seine Bewohnerinnen selbst gab es aber offenbar bisher wenig – manche Nachbarn berichten von einem guten Miteinander, andere beschweren sich über Lautstärke (FP).
Als wenige Tage nach der Tat die ehemals im Haus lebenden Familien versuchen, Unverbranntes aus ihren ehemaligen Wohnungen zu bergen, erwischen sie deutsche Nachbarn, die gerade versuchen, Fernseher und Bekleidung zu stehlen, und zeigen sie bei der Polizei an. Eine Frau zeigt der Reporterin des Vogtland-Anzeigers Bilder ihrer Schwester, die schwere Verbrennungen im Gesicht erlitten hat und im Leipzig im Krankenhaus liegt. Deren zweijähriger Sohn hat auch Verbrennungen, liegt aber in Dresden. Die Journalistin trifft auch den Vermieter, der bestätigt, dass die Wohnungen für längere Zeit unbewohnbar sein werden. Zum Täter erzählt er, der habe seine vom Sozialamt kommende Miete nicht an den Vermieter weiterüberwiesen, er habe ihm allerdings trotzdem nicht gekündigt. Der Mann sei selbst ausgezogen.
 
Bell Tower, 10.01.2018


Vier Wochen später:

Plauen
Zwei Menschen sterben bei Brand in Wohnhaus


Im sächsischen Plauen sind zwei Menschen bei einem Wohnungsbrand ums Leben gekommen. In dem Gebäude lebten auch Betroffene eines Brandanschlags auf ein nahe gelegenes Wohnhaus vor wenigen Wochen.

In Plauen sind bei einem Brand in einem Mehrfamilienhaus zwei Menschen ums Leben gekommen. Vier weitere wurden verletzt, wie ein Sprecher der Polizei in Zwickau sagte. Bei den Todesopfern handelt es sich um einen Mann und eine Frau. Die Identität müsse aber in einer Obduktion noch abschließend geklärt werden, sagte der Polizeisprecher.

Das Feuer war am Vormittag im Dachgeschoss des Hauses ausgebrochen. Die Ursache ist bislang unklar. Dort wurden auch die Toten und der Schwerverletzte entdeckt. Da es ganz oben im Haus gebrannt habe, hätten sich die Bewohner der darunterliegenden Wohnungen selbst ins Freie retten können, hieß es.

Die Löscharbeiten dauern demnach noch an. Erst wenn die Feuerwehr das Haus wieder freigegeben habe, könnten Brandspezialisten der Polizei mit der Suche nach der Ursache des Feuers beginnen. In dem Gebäude lebten seit Kurzem auch ehemalige Bewohner eines nahe gelegenen Hauses, auf das Ende Dezember ein Brandanschlag verübt worden war. (Mehr über diesen Fall erfahren Sie hier.) Für einen Zusammenhang zwischen beiden Bränden gebe es bislang keine Anhaltspunkte, sagte der Polizeisprecher.

Der Polizei zufolge hatte damals ein Mieter wohl wegen eines Streits mit seinem Vermieter das Feuer gelegt. In dem Haus lebten vor allem Roma-Familien, während der Rettungsarbeiten sollen Zuschauer die Betroffenen rassistisch beleidigt haben.

bbr/mxw/dpa/AFP         Quelle: Spiegel Online  5.2.2018


Auch das ist Ostdeutschland:
Eine Antifa aus dem Gau Vogtland meldet sich zu Wort:


"Bei den beiden Bränden ist ein rassistisches Motiv – wenn auch nicht auszuschließen – nicht konkret nachweisbar. Jedoch sehen wir eine andere rassistische Dimension bei den Anschlägen: Dass die Roma aufgrund struktureller Diskriminierung überhaupt gezwungen sind, unter diesen Bedingungen zu leben. Beide Mietshäuser (und drei weitere Mietshäuser, die ebenfalls brannten) sind im Eigentum des gleichen Vermieters. Die Mietverhältnisse in diesen Häusern sind mehr als prekär – für Schrottimmobilien wie diese verlangt der Vermieter Frank Bürner höhere Mietpreise als in Plauen selbst für intakte Wohnungen üblich ist. Bürner prahlt offen in der “Freien Presse” damit, dass es sein Geschäftsmodell ist, an sogenannte „Randgruppen“ zu vermieten. Belegt ist, dass seitens des Vermieters körperliche Angriffe auf Mieter*Innen – darunter hauptsächlich Roma – stattfanden. Indem er in der Mehrheit Roma – ebenso jedoch auch andere Menschen, die gesellschaftlich ausgegrenzten Gruppen angehören – als billige Arbeitskräfte nutzt und schrottreife, überteuerte Wohnungen an Menschen vermietet, die sonst keine Chance auf eine Wohnung hätten, entsteht ein einseitiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen Mieter*Innen und Vermieter. Bürner nutzt die strukturelle Diskriminierung aus und vertritt dies in der Öffentlichkeit offensiv als „Geschäftsmodell“.
- Wir kritisieren die rassistische Presseberichterstattung von „Freie Presse“ und „Vogtland Anzeiger“. So wird ein Stadtviertel, in dem wegen steigender Mieten und Vertreibungsprozessen in der Innenstadt viele stigmatisierte Gruppen wohnen, zum “Roma-Viertel”. Es gibt kein Roma-Viertel in Plauen – beim vermeintlichen „Roma-Viertel“ geht es um lediglich zwei Mietshäuser, in denen mehrere Mietwohnungen von Roma bewohnt waren.
- Wir können nachvollziehen, dass eine kritische linke Öffentlichkeit auf diese Geschehnisse aufmerksam reagiert und finden es grundsätzlich gut, sinnvoll und notwendig, dass rassistische und antiziganistische Stimmungen thematisiert werden. Wir fordern aber dazu auf, von Spekulationen abzusehen und sich allein auf die vorliegenden Fakten zu stützen. Solidaritätsaktionen sollten sich an den Bedürfnissen der Betroffenen orientieren und nach Möglichkeit die Einschätzung von selbstorganisierten Roma-Initiativen und emanzipatorischen Gruppen vor Ort berücksichtigten.
- Vor Ort hat sich eine Unterstützer*Innengruppe gebildet. Ihr Ziel ist es, die konkreten Lebensbedingungen der Betroffenen langfristig zu verbessern – die Zwangsverhältnisse, in denen sich die Roma befinden, zu skandalisieren, Aufklärung gegen Rassismus und Antiziganismus zu leisten sowie auf eine Beendung der Abhängigkeiten hinzuarbeiten.
Solidarität mit allen Betroffenen rassistischer und antiziganistischer Zustände sowie gesellschaftlicher Vertreibung und Stigmatisierung!

Antifaschistische Gruppen des Vogtlands (AGV) am 6.02.2018"



Als Anwalt der Leute im Viertel versucht die Antifa in der Beurteilung dieser Anschläge die "Spekulationsbremse" zu ziehen, um die "Spekulanten" karte aus dem Hut zu zaubern.
Sie macht sich zur linksradikalen Avantgarde des Volksmobs  (hier in seiner sozial-prekären Form), versucht die theoretische Rechtfertigung für deren antiziganistischen Einstellungen dadurch zu entschärfen, indem sie diese bestärkt:
was wäre schlimm an einem "Roma-Viertel" (solch ein Viertel wäre für Roma ein Schutzraum).
Die Antifa weiß, dass die Menschen keine "Zigeuner" haben wollen und dass es ihnen noch mehr eine Greuel ist selbst als solche beschimpft zu werden. Diese "Ängste" will die Antifa ernst nehmen.
Dass das Täter-Volk seine sozialen Probleme zum ANLASS nimmt um die "strukturelle Diskriminierung" für Roma faschistisch durchzusetzen, sprich Pogrome zu begehen, verschweigt uns dieser Verein.