Elf Schüler aus dem Havelland gründen einen Nazi-Verein

Elf Schüler aus dem Havelland gründen einen Nazi-Verein



Eine Schüler-Gruppe "Freikorps" aus einem Goethe-Gymnasium in Ostdeutschland geben sich eine Vereins-Satzung, die sich den Angriff auf Migranten mittels Brandanschlägen auf die Fahnen schreibt. Zur Finanzierung dieses Mörderprogramms werden Mitgliedsbeiträge erhoben. Acht erfolgreiche Brandanschläge konnten sie verüben, bevor die Polizei auf die Gruppe aufmerksam wurde.  Wie "die Fische im Wasser" konnten sie sich in der Region bewegen.

 

Berliner Morgenpost vom 21.8.04
Elfköpfige Schülerbande unter Terrorismus-Verdacht

Neonazis wollten im Havelland "ausländerfreie Zone" schaffen - Imbisse angezündet


Potsdam - Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft in Brandenburg wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung. Im Fokus der Ermittler: eine Bande von elf 14- bis 19-jährigen Schülern und Abiturienten aus dem Havelland. Die Gruppe jugendlicher Neonazis steht im Verdacht, für eine Serie von acht Brandanschlägen auf türkische oder asiatische Imbissstände in der Region in der Zeit von August 2003 bis Mai dieses Jahres verantwortlich zu sein. Der Anführer, ein 19-jähriger Abiturient aus Nauen, sitzt seit Anfang Juli in Untersuchungshaft, die Haftbefehle gegen zwei weitere Täter sind unter strengen Auflagen außer Vollzug gesetzt worden. Zwei weitere minderjährige Tatverdächtige wurden in Jugendheimen untergebracht - als Ersatz für die Untersuchungshaft.

Die mutmaßlichen Terroristen wollten ausländische Imbissbudenbetreiber aus der Region vertreiben. Das bestätigte gestern Rolf Grünebaum, Sprecher von Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg. Das Ziel der Brandanschläge habe Rädelsführer Christopher H. in einem als Satzung deklarierten Schriftstück formuliert. "Dies ist entscheidend für den Terrorismus-Verdacht", so Grünebaum. Die Gruppe - zum Teil aus dem Goethe-Gymnasium in Nauen (Havelland) - gab sich den Namen "Freikorps". Straff organisiert, hielt sie regelmäßig konspirative Treffen ab. Und erhob sogar einen Mitgliedsbeitrag von den Angehörigen.

Zunächst wurden die Ermittlungen durch die Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe geführt. Doch die Bundesankläger gaben das Verfahren zurück nach Brandenburg.

Die Ermittler alarmiert vor allem die gezielte und systematische Vorgehensweise der jungen Täter, mit den nächtlichen Brandanschlägen Angst und Schrecken unter den ausländischen Imbissbetreibern zu säen.

"Das ist eine bislang noch nicht da gewesene Qualität", sagte der Generalstaatsanwalts-Sprecher Grünebaum. "Es ist auch nicht davon auszugehen, dass es sich um spontane Taten handelt, die unter Alkoholeinfluss verübt wurden."

Der Anführer der Gruppe und der überwiegende Teil der Mitglieder stamme aus geordneten sozialen Verhältnissen, sagte Grünebaum.

Die Täter seien planmäßig vorgegangen. "Sie kundschafteten ihre Ziele offenbar in Ruhe aus und schlugen nach bisherigen Erkenntnissen dann nachts zu." Meistens hätten sie Molotowcocktails auf die Imbissbuden geschleudert. Die Folgen waren verheerend: Sämtliche Stände brannten nieder, Sachschaden von 770 000 Euro entstand. Daher wird gegen die rechtsgerichteten Täter auch wegen des Verdachts der Brandstiftung ermittelt. Zeugen gibt es offenbar bislang nicht: Die Täter hätten sich nach bisherigen Ermittlungen vergewissert, dass sich keine Menschen in den Ständen befanden. Ob die Täter ihr Ziel erreicht haben, die ausländischen Imbissbesitzer im Havelland zu vertreiben, konnte Grünebaum gestern nicht sagen.

Über die Neonazi-Gruppe "Freikorps" lagen nach Angaben aus Sicherheitskreisen beim Verfassungsschutz bislang keine Erkenntnisse vor. Von Querverbindungen zu anderen militanten Neonazi-Gruppen ist dort nichts bekannt. "Die Bande hat auf eigene Rechnung agiert", heißt es in Verfassungsschutzkreisen.