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Redebeitrag zur Demo in Essen-Borbeck am 08.02.2003.
Anlass der Demo waren die pogromartigen Angriffe des Borbecker-Mobs gegen eine
kongolesische Familie.
"Prolet-Arier"
(Eike Geisel)
Wir begrüßen alle, die heute, die prolet-arische Idylle und arbeitsfreie Ruhe
des Stadtteils Borbecks für einen kurzen Moment stören und für einen
pogromfreien Samstag sorgen.
Wir, das sind undeutsche Elemente aus verschiedenen Städten, die sich unter dem
Namen "Morgenland Incorporation" zusammengetan haben, um unsere Abneigung gegen
das organisierte Deutschtum verbal und praktisch artikulieren zu können. Von
Gegend zu Gegend, von Ort zu Ort, "dort, wo die Kultur dieser Population wächst
und eskaliert. Dort, wo sie deutsch ist und wird. Dort, wo die Bilder von
abgefackelten Flüchtlingsheimen bejubelt und mit dem aktivistischen Nachwuchs
manch Bierfass auf erfolgreiches "Fidschiklatschen" geleert wird. Dort, wo die
Alten Hass und Neid predigen und jedes Kleinkind schon innerlich zerfressen,
moralisch ruiniert wird. Dort, wo der tägliche Mord geplant und der Völkermord
gedacht und gefordert wird" - wie wir bereits vor kurzem über den ostzonalen
Teil der Heimat der Deutschen schrieben.
Am 11. August 2002, an einem lebensfroh stimmenden, heiter-warmen Sonntag,
nahmen sich die deutschen Bürger des Stadtteils Borbeck vor, gemeinsam, mit Kind und Kegel, eine nichtdeutsche Familie in der Nachbarschaft anzugreifen. Kurz
bevor der Höhepunkt erreicht werden konnte, musste jedoch die Aktion - Dank
eines Kühlschranks, der vor der Wohnungstür der Familie als Verstärkung
aufgestellt worden war - abgebrochen werden.
Die kongolesische Familie konnte nicht hingeschlachtet werden. Während des
sonntäglichen Abendbrots herrschte daher eine bedrückende Stille am Tische
daheim.
Dieser vertraute Schnappschuss aus dem Alltag eines deutschen Wohnorts zeugt vom deutsch-pädagogischen Leitsatz, dass solche Tugenden nicht nur intuitiv
erkannt und begrifflich eingeprägt, sondern auch und vor allem in unmittelbar
lebensnahem Kontext praktisch erlernt werden müssen. Seit der Wiedervereinigung
steigt der Bedarf an effektiver, praxisnaher Ausbildung und innerer Führung auch
für die Jugendlichen, was einleuchtend ist, denn es stellen sich den
Deutschen wieder einmal große, weltbewegende Aufgaben.
Diese erzieherische Selbstverständlichkeit und arterhaltende Notwendigkeit, dass
nicht nur die deutschen Väter und die deutschen Mütter, sondern auch die
deutschen Heranwachsenden, so früh wie möglich in der praktischen Anwendung
jener urdeutschen Kunstfertigkeiten und Techniken unterwiesen werden müssen,
stellt tatsächlich sehr hohe Ansprüche an die Erziehungsberechtigten, die für
die artgerechte Haltung und Züchtung ihres Nachwuchses zuständig sind. Dass sie
diesen Ansprüchen gewachsen sind, zeigte in Borbeck die mütterliche Sorge um die
Unversehrtheit ihrer Kinder: diese könnten unter Umständen im Eifer des
Lynchprozesses bei einem unbedachten Abwehrreflex der Opfer etwas abbekommen.
Was Elias Canetti, unter dem Eindruck der deutschen Singularität,
problematischerweise verallgemeinerte, stimmt diesmal exakt für die Ereignisse
in Borbeck und anderswo in Deutschland:
"Die Hetzmasse bildet sich im Hinblick auf ein rasch erreichbares Ziel. Es ist
ihr bekannt und genau bezeichnet, es ist ihr auch nah. Sie ist aufs Töten aus,
und sie weiß, wen sie töten will. Mit der Entschlossenheit ohnegleichen geht sie
auf dieses Ziel los; es ist unmöglich, sie darum zu betrügen. Es genügt, dieses
Ziel bekannt zu geben, es genügt zu verbreiten, wer umkommen soll, damit eine
Masse sich bildet. Die Konzentration aufs Töten ist eine besondere Art und an
Intensität durch keine andere zu übertreffen. Jeder will daran teilhaben, jeder
schlägt zu. Um seinen Schlag führen zu können, drängt sich jeder in die nächste
Nähe des Opfers. Wenn er nicht treffen kann, will er sehen, wie es von den
anderen getroffen wird (...). Es ist ein leichtes Unternehmen und es spielt sich
so rasch ab, dass man sich beeilen muss, um zurechtzukommen. Die Eile,
Gehobenheit und Sicherheit einer solchen Masse hat etwas Unheimliches". (Elias
Canetti, Masse und Macht, 1980).
Dass die am 21. September erfolgte Rettungsaktion, die euphemistisch auch
"Umzug" genannt wurde, einigermaßen gelang, ist angesichts des Umstandes, dass
die deutsche Bevölkerung in höchstem Maße organisiert ist, fast ein Wunder. Was
diese Gegebenheit, dass die überwiegende Mehrheit der Deutschen in Vereinen,
Verbänden usw. organisiert ist, alles impliziert, liegt relativ offen auf der
Hand. Der Vernichtungsdrang kommt erst in Begleitung dieses sozialen Verhaltens
zur vollen Blüte.
Als der Ausdruck dieses Vernichtungsdrangs sind auch die Angriffe in Borbeck zu
verstehen, nicht als Ausdruck rassistischer Ressentiments usw. Die
rassismustheoretischen Erklärungsmodelle fungieren in solchen Zusammenhängen
letztlich nur als Verharmlosungen, wenn nicht sogar als
Entlastungsvorrichtungen: "Der antirassistische Diskurs konstruiert in all
seinen denkbaren Formen - je radikaler desto schlimmer - im Rahmen und auf dem
Schlachtfeld dieser grundsätzlichen Begegnung des Vernichters mit dem zu
Vernichtenden, einen fiktiven dritten Punkt der sich letztlich in der Position
des Vernichters auflöst, und dessen Wirkungspotential dort erst zur Geltung
kommt.
Dabei geht es um eine Übertragungsprozedur, einen Übersetzungsprozess. Sobald man
angesichts dieser Konfrontation das Phänomen, was da ist und entsteht, Rassismus
oder etwas anderes nennt, d.h. durch eine juristische, szientifische,
journalistische, o.ä. Intervention es umbenennt, dann entsteht etwas, was
letzten Endes die Position des Vernichters mit einem zusätzlichen Schutzschild
versieht."(aus Sonntagsgespräch, www.Fluchschrift.com).
Diese germanische Tötungsfertigkeit bzw. Handwerklichkeit mit der das deutsche
Dasein legitimiert wird, sind Zeuge der Beständigkeit und der Beharrlichkeit
einer Population, die - außer mit härtesten Sanktionen - mit sonst nichts
beizukommen ist.
Demonstrationen wie diese, so erfreulich mächtig und lebenserhaltend sie auch
sind, dürfen uns niemals täuschen: Sie sind angesichts der massiven Angriffe,
angesichts des alltäglichen deutschen Treibens nur ein Promille dessen, was wir
tun müssten. Die meisten der Angriffe gehen an uns vorbei. Die meisten der
Angegriffenen treten weder in der Öffentlichkeit (wenn sie überhaupt diese
Möglichkeit haben) auf, noch werden die Angriffe öffentlich bekannt gemacht.
Ab und zu steht in irgendeinem Lokalblättchen ein Zweizeiler über irgendein
"Bewährungsurteil", über ein "abgefackeltes Heim" (vor allem die Schadenshöhe)
usw. In solchen Fällen ist die Intention des Nachrichtenwertes nicht die
Vernichtungstat selbst oder gar das Leiden der Angegriffenen sondern der
polizeiliche Erfolg bzw. die dabei entstandenen materiellen Schäden. D. h., die
Ereignisse, bei denen solche Komponenten fehlen, bleiben unbekannt.
Wenn der Auflauf von Masse und Elite, der zur Zeit auf den Strassen dieses
Landes marschiert, um seine Regierung in ihrer Friedensmission den Rücken zu
stärken, wenn die Deutschen wieder zusammenrücken und bei den so genannten
Friedensdemos sich aneinanderreiben, wenn die Massenproteste ihren Höhenpunkt
erreicht haben und irgendwann wieder abklingen, dann ist eine neue Etappe des
nationalen Taumels - nach Innen und nach Außen - wieder erreicht. Wenn die neue
Kollaborationsachse in Europa, von ehemaligen Befürwortern der Wiedervereinigung
in Frage gestellt wird, so wäre es nur folgerichtig, im Maßnahmenkatalog zur
Formierung des neuen Europas, die alte gute Forderung aufzunehmen und auf eine
gemeinsame Grenze zwischen Polen und Frankreich hinzuarbeiten.
An die Nichtdeutschen gerichtet: Solche Massenaufläufe auch noch zu unterstützen
und uns als Lückenfüller zur Verfügung zu stellen heißt doch nur, dass wir die
Angriffslust gegen uns und alle, die hierher nicht passen, mitorganisieren (was
unverständlich wäre). Eine solche Konstellation ist nur dann möglich (und erst
recht grausam), wenn die Verständigung auf antisemitische Grundlage erfolgt,
wenn der antisemitische Kitt stärker als solche Bedrohungen ist.
Die erste große Welle der Friedensbewegung in der 70er und 80er Jahren bildete
das Fundament der völkischen Wiedervereinigungsrituale, mit der Folge des
explosionsartigen Anstiegs der Pogrome gegen alles Undeutsche. Es liegt auf der
Hand, was diese zweite Welle, die sich aus Anlass des Krieges gegen den Irak
formiert, für alle, die in dieses Kollektiv nicht gehören und nicht gehören
wollen mit sich bringt. Dies und nur dies ist der Blickwinkel mit dem wir das
deutsche (Be)Treiben beurteilen können und dürfen. Deswegen - obwohl wir gegen
den Krieg und seine linksdeutsche Kriegshetzer sind - legen wir höchsten Wert
darauf, die Reihenfolge einzuhalten: gegen das deutsche völkisch-antisemitische
Friedenstreiben und gegen den Krieg.
Wenn Menschen in Deutschland, den Anspruch erheben etwas dagegen zu unternehmen,
dann ist dies nur möglich, wenn sie verstehen, und zwar unbedingt verstehen,
dass dieses Land und seine Population einige essentielle Besonderheiten
aufweist. Diese basieren auf einer 12-jährigen erlebten bzw. übermittelten
Erfahrung, die sich aus einer bewusstseinsmässigen Verschmelzung von Gaswagen
und Gaskammern, von Massenerschießungen und Massenekstasen, von Herren- und
Untermenschen speist. Daher ist es nicht möglich frühere emanzipatorische Parolen
(so vertraut sie auch sind) nachzugehen, denn sie haben ihre Gültigkeit
verloren. So ist z. B. der Spruch einer früheren Sozialistin: "Der Hauptfeind
steht im eigenen Land" längst obsolet geworden, birgt gar die Gefahr, an der
Seite von solchen Prolet-Ariern wie unsere heutigen Gastgebern zu landen, denn
richtig wäre:
Der Hauptfeind IST das eigene Land!
Solidarität mit der angegriffenen kongolesischen Familie!
Morgenland Incorporation, 08.02.2003
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