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An die Organisatoren und Unterstützer der "Stalingrad-Veranstaltung" in Ffm.
Die gute Nachricht zuerst: Café Morgenland nimmt an dieser Veranstaltung nicht
teil.
Jetzt die schlechte:
"Die Deutschen hat man entweder am Hals oder zu den Füssen"
(Winston Churchill)
Unsere Intention und Ausgangspunkt, als wir zugesagt hatten, war die Mitwirkung
an einer Diskussionsveranstaltung anlässlich des Jahrestages des Sieges von
Stalingrad gewesen. Nichts mehr aber auch nicht weniger!
In unserer bekannten Sanftmut und axiomatischen Güte den Erdbewohnern gegenüber
hatten wir aber nicht im Entferntesten damit gerechnet, dass uns ob dieser
Zusage der Segen beschert würde, einen Beitrag zur Kreation einer linksdeutschen
Diskussion über Café Morgenland oder gar über reale - d.h. standesamtlich
verifizierbare - Person(en), leisten zu dürfen.
Wir waren in einem kurzen Moment des Leichtsinns der Illusion verfallen, dass,
wie jede andere Connection (Feind oder Freund), auch CM anhand der von ihm
artikulierten und vertretenen Inhalte und Praxis be- und verurteilt würde.
Mit der Ankündigung der Teilnahme von CM an der Veranstaltung ist jedoch eine
für die deutsche Linke repräsentative Diskussion feierlich eröffnet worden, die
sich beherzt den sozialhistorischen und politischen Kernfragen stellte [Geile,
Wodka, Identität, Nüsse unterdurchschnittlicher Größe usw. ], deren
gewissenhaftes Verständnis für einen adäquaten Umgang mit den aktuellen
krisengenerierenden Problemen des Globus unabdingbar ist.
Schon in den Vorbereitungen hatten alle Anzeichen darauf hingedeutet, dass es
den Veranstaltern weniger um Stalingrad als vielmehr um eine inszenierte Show
auf Kosten anderer geht. So waren sie nicht in der Lage (was verzeihlich) oder
willens (was schäbig), im Vorfeld eine eigene Stellungnahme zur eigenen
Veranstaltung zu veröffentlichen. Dort wo sie Ersatzstücke aus anderen
Publikationen geklaubt haben, geschah dies noch in der Form der Verbesserung und
der paternalistischen Beurteilung (siehe Einladung zu dieser Veranstaltung sowie
Editorial in Sinistra-Zeitung).
Als die Hetzmeute munter zu toben anfing, zogen sie sich auf ihre Rolle der
Verwaltung des virtuellen Raums zurück (wohl doch vom Exzess gelernt), anstatt
die einzige Konsequenz daraus zu ziehen, den kuschelig virtuellen Stammtisch
sofort und kompromisslos - zumindest bis nach der Veranstaltung - zu schließen.
Die spärlichen Versuche, ein bisschen Vernunft walten zu lassen, hatten
angesichts der explodierenden "Einschaltquoten" keine Chance!
Während die deutsche Linke (in jeder ihrer Varianten) devot, respektvoll und
unter Einhaltung aller milieutypischen Regeln mit ihren politischen Gegnern
umzugehen pflegt, machen diese Umgangsformen gegenüber den
Nichtfamilienangehörigen allein durch ihre programmatische Absenz auf sich
aufmerksam.
Andere - von der edleren linksradikalen Sorte - wiederum monierten den für sie
unerträglichen und ungerechten Zustand, dass sich Nichtdeutsche in deren
Gesellschaft "eingerichtet" haben; empörten sich - um nicht den geringsten
Zweifel an der Beständigkeit ihre Erziehung aufkommen zu lassen - über das
"Schwenken der Israelfahne".
Wenn das Gebrabbel des deutschen Stammtisches, diese Mischung aus
Herrenmenschentum und Drang nach Vernichtung, Besserwisserei und Pogrom, Neid
und Denunziation, sich im virtuellen Raum wie eine riesige stinkige Dunstglocke
über alles und jeden herablässt, dann befinden wir uns in einem deutschen
Web-Forum. Wenn dies in einem linken Forum geschieht, dann befinden wir uns in
einem linksdeutschen. Wenn dabei die erträumte Beute auch noch CM ist, dann
handelt es sich um eine linksdeutsche "Hyperventilation" (Danke M.).
Wir müssen wieder zurück in unsere "elitäre Arroganz" und unsere
"Schützengräben". Was bleibt, ist nur die Bestätigung, dass auch 10 Jahre danach
die deutsche Linke in Frankfurt (und anderswo) absolut konstant geblieben ist.
Der Einzug in die Normalität wird auf sich warten lassen müssen. Vielleicht hat
Paul Spiegel Recht, wenn er optimistisch sagt, dass dafür 3 weitere Generationen
notwendig sind.
Bis dahin müsst ihr noch mit WertmüllerInnen (Kopftuch-Experte), KüntzelInnen
(Islamisten-Experte) und GrigatInnen (Wertvernichtungsexperte)
weitermachen.
Café Morgenland
02.02.2003
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