Sonntagsgespräch Eingeladen wurden die Gruppen Köxüz/Hamburg, Kanak Attak/Hamburg,
Das Gespräch fand am 6. Februar 2000 in Hamburg statt.
M: Wir können einfach damit anfangen, daß jede Gruppe den Hintergrund ihrer Entstehung und ihre jeweiligen politischen Ansätze und Erfahrungen zusammenfaßt. KÖXÜS (R): Ich will zuerst sagen, daß ich nicht die
ganze Köxüz vertreten möchte und kann. Ich bin einer von
denjenigen, die vor ca. 5 Jahren die Zeitschrift Köxüz mit initiiert
haben und sitze heute noch in der Redaktion.
KÖXÜZ (H): Wir haben ja früher mit den Deutschen zusammengearbeitet. Selbstorganisierung war damals nicht das Thema. Durch die Ereignisse in Hoyerswerda, als einen Höhepunkt rassistischer Angriffe damals, trat ein Wendepunkt ein. Wir haben gemerkt, daß wir unterschiedliche Vorgehensweisen und unterschiedliche Ansätze haben. Aus dieser Erfahrung haben wir uns von den Deutschen distanziert und angefangen, unsere Problematik selber zu diskutieren. M: Wie hat diese MigrantInnenorganisierung in eurer praktischen Arbeit konkret ausgesehen? KÖXÜZ (H): Unsere Grundlage ist, daß MigrantInnen hier
eine soziale Kategorie bilden und daß sie ihr Anliegen besser selber
zum Ausdruck bringen können und selber Politik machen können.
KÖXÜZ (R): Im Grunde genommen haben wir versucht, einen Raum für alle MigrantInnen zu schaffen. Mit dem Begriff MigrantInnen meinen wir alle, die von dieser dominierenden Gesellschaft wegen ihres vermeintlichen Ursprunges als „Andere“ betrachtet werden. Das schließt die Roma und Sinti mit ein, das schließt Juden und Jüdinnen mit ein, das schließt Flüchtlinge mit ein usw. Wir haben versucht, einen Raum zu schaffen, wo wir uns z.B. mit selbstorganisierten Flüchtlingen trafen. Ich meine das nicht so, daß wir sie unterstützt haben. Sondern daß wir uns damit identifiziert haben, mit jeder Art der Selbstorganisierung, die in gewisser Weise emanzipatorische Inhalte hatte. Und da kann ich unendlich viele Aktionen aufzählen. Obwohl wir wie Cafe Morgenland oder Anifasist Genclik nur eine kleine Gruppe waren, haben wir uns an die MigrantInnen im allgemeinen gerichtet. In manchen Situationen wie nach dem Brandanschlag in Solingen war es in Hamburg möglich, mit 7000 Leuten zu demonstrieren. M: MigrantInnen definiert ihr als soziale Kategorie. War es möglich anhand dieser gemeinsamen Kategorie eine gemeinsame Basis zwischen den Leuten, d.h. auch mit Sinti und Roma, jüdischen Menschen oder Flüchtlingen, aufzubauen? KÖXÜZ (R): Ja, ich kann dafür ein Beispiel nennen. Als
am 26. Mai 1993 die Verfassung und das Grundrecht auf Asyl geändert
wurde, haben wir mit Leuten von der Roma-Sinti-Union gesprochen, die das
Konzentrationslager in Neuengamme besetzten, um ihre Forderungen durchzusetzen.
Wir haben damals einen Autokonvoi von dem Flüchtlingsschiff in Neumühlen
zu den Zeltlagern in Neuengamme organisiert.
M: Im Frühjahr 1997 erschien die Köxüz-Ausgabe „MigrantInnenbewegung
Passé“, die einen Überblick über die Situation der MigrantInnenbewegung
schaffen sollte. Der Brandanschlag in Solingen und die darauffolgende Mobilisierung
markierte für euch nicht nur den Höhepunkt der in der zweiten
Hälfte der 80er Jahre entstandenen MigrantInnenbewegung, sondern auch
den Anfang vom Ende. Dabei ging es um die unterschiedlichen Ansätze
innerhalb der MigrantInnenbewegung, um ihre Kontinuität und Spontaneität
sowie um ihre Errungenschaften.
KÖXÜZ (H): Wir haben diese Diskussion nicht angefangen, um ein Kapitel zu schließen, sondern wir wollten damit eine Diskussion wiederbeleben. Und deshalb dieses Resümee. KÖXÜZ (R): Wir haben teilweise unter uns immer wieder einige Diskussionen gehabt. Auf die Analyse, die wir damals gemacht haben gab es keine Reaktion, deshalb war es auch nicht möglich mit irgendwelchen Gruppen ausführlicher darüber zu diskutieren. Es gab Veranstaltungen wo wir darüber diskutiert haben, aber nicht in dieser Intensität. M: Eine wichtige Debatte in dieser „alten MigrantInnenbewegung“ war die Auseinandersetzung zwischen MigrantInnen, die heimatorientierte Politik betrieben und den MigrantInnen, die sich für eine Verbesserung ihrer Situation hier in Deutschland engagierten. Die „alte MigrantInnenbewegung“ ermöglichte und ermutigte vielen MigrantInnen, sich mit ihrer Lebenssituation hier auseinanderzusetzen. Im letzten Jahr wurde in Hamburg die „Türkische Initiative zu Verteidigung des Lebens von Abdullah Öcalan“ gegründet. Ein großer Teil der Hamburger Köxüz-Redaktion arbeitete an dieser Initiative mit, um Einfluß zu gewinnen in der Kurdenpolitik des Staates Türkei. Ist dies eine neue Wandlung innerhalb der Hamburger Köxüz-Redaktion; von der „alten MigrantInnenbewegung“ wieder zurück zur Heimat- bzw. Exilpolitik? KÖXÜZ (R): Die kurdische Bewegung ist eine Befreiungsbewegung, die besonders nach der Entführung von Abdullah Öcalan weltweit bekannt geworden ist. Deswegen ist es für mich nicht Heimatpolitik, sondern gewissermaßen eine Orientierung an eine Befreiungsbewegung, die weltweit eine Bedeutung hat. Das hätte auch eine Bewegung in einem anderen Land sein können. Deswegen würde ich das nicht Kurswechsel nennen, sondern es gab eine Bewegung, die eine Niederlage erlitten hat und Unterstützung brauchte. Wir haben immer eine Politik gemacht, die sich nicht auf „MigrantIn-Sein“ reduzierte, sondern auch gesamtgesellschaftliche Verhältnisse thematisierte und gegen jede Art von Unterdrückung, Diskriminierung, Verachtung usw. war. Ich persönlich habe ja nicht erst seit diesem Moment für die kurdische Bewegung etwas getan, sondern ich bin einer von denjenigen, die 1976 wegen der „Kurdischen Frage“ in der Türkei verhaftet wurden und auch später diese Bewegung unterstützt hatte. Als es 1993 auf die kurdische Tageszeitung Özgür Ülke in der Türkei einen Bombenanschlag gab, waren wir die ersten in Hamburg die darauf reagierten und Plakataktionen und Solidaritätsaktionen mit dem Kurdischen Studentenverein organisiert hatten. Für mich bedeutet das aus diesen Gründen kein Kurswechsel oder heimatorientierte Herangehensweise. Sondern es ist die gleiche Herangehensweise, die wir z.B. bei der zapatistischen Bewegung hatten. KANAKATTAK (W): Also die Konzeption dieser Aktion finde ich absolut legitim, und sie hat mich positiv überrascht: die Internationalisierung des Verteidigungskampfes zur Rettung des Lebens von A. Öcalan, und gleichzeitig die Visualisierung der Belange eines großen Teils der kanakschen Bevölkerung in Deutschland. Wenn man zurückblickt auf die kurdischen Straßenkämpfe und die Auseinandersetzung mit der Polizei und Kanther, aber auch bezüglich der Kriminalisierung der PKK in Deutschland, erkennen wir einen Zusammenhang zwischen staatlichem Rassismus in Deutschland und der Kriminalisierung der kurdischen Bevölkerung im Ausland und der kurdischen Befreiungspolitik im Ausland. Meiner Meinung nach hat keine kanaksche oder MigrantInnenorganisation den politischen Zusammenhang zwischen der Kriminalisierung der Kanaken in Deutschland, die an den PKK-Demonstrationen teilgenommen haben und den tatsächlichen Belangen der Befreiung Kurdistans diskutiert. Ich würde auch sagen, die „Initiative“ ist ein Kurswechsel zur heimatorientierten Politik, wenn ihr diesen Zusammenhang nicht klarer macht. KÖXÜZ (R): Aber es geht ja nicht ausschließlich um Rassismus.
Es geht gegen jede Art von Unterdrückung. Ich will das nicht begrenzen
auf Deutschland oder andere Staaten. Entscheidend ist: da gibt es eine
Befreiungsbewegung und da gehört dazu, daß wir etwas tun. Besonders
in einem Moment wo eine Niederlage erlitten ist, und wo die Bewegung auch
weltweit aktuell geworden ist.
KANAKATTAK (W): Ich werde keine biographische Information zur Entstehungsgeschichte von Kanak Attak liefern. Ich möchte vor allem die sozialen Determinanten der Entstehung einer solchen Gruppe skizzieren. Das Projekt Kanak Attak ist Ende der 90er entstanden, vor allem auf der Basis der Wahrnehmung einer Krise. Der Krise des Antirassismus und der Krise der Selbstorganisierung. Gleichzeitig spielt auch ein Faktor eine besondere Rolle: die Art und Weise, wie die kanaksche Präsenz in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit und im bundesrepublikanischen deutschen Leben sich langsam mit der Zeit geändert hat. D.h. man kann feststellen, daß die Bilder und die damit verbundenen Realitäten der Kanaken als Opfer der ersten oder zweiten Generation - sogar diese Begriffe haben einen diskriminatorischen Duktus -, daß das Leben in Alemanya sich für die Kanaken mit dem Rassismus geändert hat, und daß die Bedingungen der Auseinandersetzung mit dem Rassismus sich geändert haben. Das heißt, wir haben es mit einer großen Fragmentierung von Lebensinteressen zu tun. Auch bei Kanaken, die nicht mehr einfach in die Kategorie Migrant passen. Wir haben Kapitalisten-Kanaken, wir haben Anpasser-Kanaken, wir haben sogar Kollaborateure bei den Kanaken, wir haben kanaksche Pazifisten und wir haben auch Kanaken und Kanakinnen, die sich für eine Poltik der provokativen Selbstermächtigung einsetzen. Wir versuchen im Grunde genommen eine Mischung aus Politik und Kultur, eine politische Plattform zu schaffen, die gleichzeitig kanaksche und antirassistsche Essentials populär macht. In diesem Sinne glaube ich, daß wir mit Köxüz eine große Ähnlichkeit haben. D.h. wir interessieren uns sehr stark für die Art und Weise, wie wir von den sogenannten kanakschen Massen wahrgenommen werden, weil wir davon ausgehen, daß eine selbstbewußte kanaksche Präsenz in allen möglichen Feldern der Politik, der Kultur und auch des Alltages, sie für ihren Überlebenskampf in Alemanya stark macht. CAFEMORGENLAND (D): Kannst du uns sagen was Kanaken sind, was dieser Begriff bedeutet? KANAKATTAK (W): Ich kann dir auch die Frage zurückstellen, was Migranten sind, also auf einer Bezeichnungsebene oder einer Realitätsebene... CAFEMORGENLAND (D): Egal. Wie es dir paßt. KANAKATTAK (W): Also, der Begriff Kanake verweist im Grunde genommen auf den Versuch, die Massen der kanakisierten, d.h. der Menschen, die in diesem System der Hierarchie von Lebensverhältnissen durch Rassismus leben, klar zu machen. Auf welche Art und Weise die Subjekte in diesem System Position einnehmen und wie eine radikale und teilweise auch performative, provokative Art aussehen kann, damit umzugehen. Kanaken sind sozusagen all diejenigen, die in diesem System der Hierarchisierung von Lebensverhältnissen, d.h. Rassismus, leben und gleichzeitig die Art und Weise wie sie eine Haltung dazu einehmen. M: Diese „neue Haltung“, die taucht immer wieder z.B. in euren Publikationen auf. Was macht die Qualität dieser „neuen Haltung“ aus? KANAKATTAK (W): Die neue Haltung resultiert aus den historischen Errungenschaften, wofür u.a. auch die Gruppen wie Cafe Morgenland und Köxüz gesorgt haben. D.h. sie resultieren aus den historischen Errungenschaften, die die Selbstorganisierung... CAFEMORGENLAND (D): Das haben wir nicht gewollt. KANAKATTAK (W): Macht nichts, das habt ihr geschafft Sie resultiert aus den historischen Errungenschaften, die die kanaksche, die migrantsche Bewegung im Laufe der 90er geschafft haben. D.h. sich stark zu machen für die eigene Belange und Interessen, und auch für ein starkes migrantenpolitisches Engagement zu sorgen. Gleichzeitig ist es die Antwort bzw. unsere Antwort auf die neuen Verhältnisse, in dem diese historischen Errungenschaften der migrantschen Bewegung sich jetzt ausdrücken. Und eine Form davon können wir auch im kanakschen Alltag beobachten. Die Art und Weise wie sich Kanaken in ihrem Alltag selbstbewußt und auf der Basis dieser historischen Errungenschaften und aus dem Überlebens- und Widerstandskampf der MigrantInnen im Alltag in diesem System in Alemanya positionieren können. M: Ihr werdet von der deutschen Presse sehr positiv aufgenommen. Was denkt ihr, was macht euren „Erfolg“ aus? KANAKATTAK (W): Die deutsche veröffentlichte Meinung, d.h. die Meinung der Kollaborationsmacht bzw. der Kolonisatorenmacht in diesem Land sorgt dafür, daß alle möglichen Widerstandsartikulationen im Mainstream absorbiert werden, damit deren Kraft neutralisiert wird. Das ist eine bekannte Strategie, damit kennen wir uns alle sehr gut aus. M: Cafe Morgenland oder Köxüz bekommen keine Seiten in der deutschen Presse. KANAKATTAK (W): Das stimmt. Der Unterschied zu uns besteht vielleicht darin, daß es - ich nenne es mal - einen Kanak-Effekt in der deutschen Gesellschaft gibt. Der besteht einerseits aus dubiosen Gefährdung- und Risikophantasmen, die die deutsche Gesellschaft gegenüber den Kanaken der dritten Generation hat und gleichzeitig aus der Art und Weise, wie wir Politik machen. D.h. wir versuchen populäre und mediale Mechanismen der Multiplizierung von politischen Statements für uns zu gewinnen. Das gelingt uns nicht immer. Wir haben ein ganz großes Problem mit der Mainstreamisierung der Kanak Attak-Politik und wir sind dabei, eine Anti-Mainstream Strategie demgegenüber zu entwickeln. Den Effekt an sich finde ich aber auf jeden Fall interessant. Und die Art und Weise, wie Kanaken damit umgehen, ist ganz anders als die Art und Weise, wie sozusagen die Deutsche Linke oder die Kanaksche Linke mit unserem populären Erfolg umgehen. Sie fühlen sich eher bestätigt, in dem was sie tun, als daraus einen Vorwurf gegen uns zu machen. Aber gleichzeitig, wie gesagt, ist es für uns auch ein Problem. Aber wir wollen damit politisch umgehen. M: Einer der großen Projekte, die ihr jetzt vorhabt, ist die Kanak History Revue. Ihr habt euch gerade die „Bühne“ ausgesucht, um politisch und künstlerisch aufzutreten. Ihr sagt ihr wollt in allen Lebensbereichen diskutieren und die Auseinandersetzung suchen. Ist die Bühne der einzige Ort, wo Kanaken zugehört wird, weil sie dort als Folklore konsumierbar sind... KANAKATTAK (O): Es geht überhaupt nicht um Folklore. Das wäre der falsche Begriff. Es ist auch nicht so, daß die Bühne das einzige Forum ist, daß wir uns vorgenommen haben, zu nutzen. Es ist nur ein Projekt, daß zur Gründungsabsicht von Kanak Attak gehört. Und zwar nicht aus einer rein kulturellen Überlegung, sondern in erster Linie aus einer politische Überlegung heraus, daß etwas gegen die Wand gelaufen ist in der MigrantInnenpolitik. Und daß es vielleicht erstmal darum geht, diese Geschichte zu erzählen und zu resümieren. In der Revue soll genau diese Geschichte zur Darstellung kommen und zwar von Beginn der Migration in Deutschland an. Und die Bühne als Forum deshalb, weil die Einschätzung ist, daß man mit Flugblättern nicht mehr genug Leute erreicht, und daß diese Popularisierung womöglich dazu beiträgt, vielmehr Leute zu erreichen. KANAKATTAK (W): Die Tatsache, daß es nicht als normal gilt, daß die Kanaken einfach auf der Bühne sind, ist skandalös genug. Die Tatsache, daß es nichts Selbstverständliches ist, ist ein Symptom für etwas. Und das gilt es zu bekämpfen. Und eine Form davon ist, dies auch auf der Bühne zu tun. Andererseits kommen unsere ‘Human-Ressourcen’ aus den verschiedenen Kunst-, Politik- und Wissenschaftsecken. Und wir wollen sie in der Form einer politischen Artikulation so gestalten, damit Essentials der antirassistischen und kanakschen Bewegung Pop werden. Das ist die Entscheidung für die Bühne, die wenn ich mich auf diesen Begriff einlassen würde, vor allem auf politische Erwägungen zurückzuführen ist und nicht auf einfache Tatsachen, daß wir es einfach geil finden, Kunst zu machen. M: Ein anderes Thema ist euer Verhältnis zum Multikulturalismus. In eurem Manifest steht, daß ihr „keinE FreundIn des Mültikültüralismus“ seit. Auf der anderen Seite beschreiben eure Frankfurter Kollegen im Interview mit der Zeitschrift „diskus“ wie der Multikulturalismus für sie auch Räume und Perspektiven erweitert.. Wie steht ihr das? Ist Multikulti gut oder schlecht für euch? KANAKATTAK (W): Was dieses ominöse „diskus“-Interview betrifft, die Formulierung war nicht besonders gelungen. Aber zu den Leuten stehen wir. D.h. Multikulturalismus ist erstmal eine politische Bezeichnungsposition der Repräsentationsplattform für die Rekolonialisierung des kanakschen Lebens in Deutschland. D.h. als solcher gilt es, ihn anzugreifen. Gleichzeitig aber als realexistierende Plattform der Artikulation und Partizipationsform von MigrantInnen hat er historisch eine Funktion gehabt. Nicht nur eine negative, die wir sowieso kritisieren, sondern gleichzeitig eine partiell positive. Im Rahmen des Multikulturalismus war es möglich, eine Partizipation von MigrantInnen sichtbar zu machen. Unter den damaligen Bedingungen war es ein Kampf unter ungleichen Bedingungen, das meiste war in ihm kulturalistisch abgesteckt war. Gleichzeitig hat der Multikulturalismus dafür gesorgt, sichtbar zu machen, unter welchen zum Teil skandalöse Bedingungen MigrantInnen in diesem Land leben. In diesem Sinne gibt es eine Ambivalenz, was den Multikulturalismus betrifft. Und retrospektiv gibt es Momente im Multikulturalismus bzw. die Art und Weise wie MigrantInnen im Multikulturalismusgeschäft involviert waren. Das ist das, was uns interessiert. D.h. nicht nur als eine Niederlage, nicht nur als eine Kollaberationspraxis, sondern gleichzeitig eine Möglichkeit unter absolut beschränkten Bedingungen der Artikulation doch etwas für die Commmunities, doch etwas für die Sichtbarmachung des Lebens in Deutschland getan zu haben. In diesem Sinne ist Multikulturalismus auf jeden Fall ein Projekt der Kolonialisierung von kanakschem Leben, wo es gilt, ihn - wenn es möglich ist - abzuschaffen bzw. anzugreifen. Gleichzeitig könnte man historisch gesehen bei der Betrachtung von Multikulturalismus auch positive Momente entdecken. M: Könnt ihr oder tut ihr? KANAKATTAK (W): Ich persönlich bin der Meinung, daß auch der Multikulturalismus bzw. die Art und Weise, wie MigrantInnen im Multikulturalismusgeschäft involviert waren, von einer Politikpräsenz zeugt, die nicht überzeugend und zufriedenstellend ist, aber auf jeden Fall darauf verweist, daß es damals wahrscheinlich die einzige mögliche Form war, unter den Bedingungen des Rassismus an diesem Geschäft zu partizipieren. M: Ich komme noch mal ganz kurz auf den Begriff Kanake zurück. Bei euch machen Deutsche mit. Verstehen sich die Deutschen als Kanaken? KANAKATTAK (W): Meinst du Menschen mit deutschem Paß oder mit deutschem Blut? Die Hälfte der hier anwesenden Menschen haben den deutschen Paß. M: Ich rede nicht über den Paß, ich rede über das Verständnis von „Kanake sein“. Es geht darum, was ausschlaggebend ist für diesen Begriff. Ich und viele andere würden erstmal die Erfahrung von Rassismus und Marginalisierung dazu zählen. Das ist nichts Ausgesuchtes sondern etwas Feststehendes. Und aus dieser Erfahrung könnte ich auch sagen „ich bin ein Kanake“. KANAKATTAK (O): Es gibt da ein Mißverständnis zwischen dem Projektnamen und der Restbezeichnung der Leute, die sich darunter zusammentun. Es ist nicht so gemeint, daß alle, die wir ansprechen oder alle, die in dem Projekt mitmachen, sich selbst als Kanaken bezeichnen. Sondern erstmal ist es die provokative Wendung eines schmählichen Schimpfwortes, das bestimmten Leuten eine bestimmte Identität zuweist oder sie ihnen phänotypisch aus dem Gesicht zu lesen meint. KANAKATTAK (W): Was Kanake ist, hast du sozusagen in deiner Frage schon formuliert. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Was die Kanaken im Kanak Attak-Projekt betrifft: es gibt auf jeden Fall eine sehr starke Präsenz von Kanaken in diesem Sinne im Projekt. Und da das Ziel des Projektes vor allem eine effektive und gleichzeitig populäre Auseinandersetzungsform mit dem Rassismus in diesem Lande ist, ist die Präsenz von Kanaken des ersten Grades von unabdingbarer Bedeutung. Aber es schließt gleichzeitig nicht aus und es ist kein exklusives Moment. M: Würdet ihr einen Begriff wie Selbstorganisierung von MigrantInnen überhaupt verwenden? KANAKATTAK (W): Der Begriff der Selbstorganisierung hat etwas Mythisches
an sich. Jede Gruppe von den Faschisten bis zu den Sozialdemokraten, von
den Feministinnen bis zu den Hausfrauen, die sich irgendwann mal treffen
um irgend etwas Gemeinsames, um ihren Alltag politisch zu thematisieren,
verwendet ihn. Der Selbstorganisierungsaspekt ihrer Arbeit ist konstitutiv
für jede Art der Mobilisierung von politischen Ressourcen einer gesellschaftlichen
Gruppe. Selbstorganisierung an sich ist kein exklusives Merkmal der kanakschen
Erfahrung und der kanakschen Politikerfahrung. Ich rede persönlich
von der Selbstorganisierungerfahrung bei den KanakInnen, die absolut notwendig
gewesen ist und immer noch bleibt, weil die Migrationmaßnahmen ständig
neue Kanaken schafft. Und weil die Selbstorganisierungerfahrung die wahrscheinlich
einzige Möglichkeit ist, erstmal eine Position unter diesen Bedingungen
für sich zu beanspruchen. Die Selbstorganisierungspolitik ist etwas
anderes und darüber werden wir wahrscheinlich reden. Ich mache eine
Trennung zwischen Selbstorganisierungserfahrung, absolut unabdingbar und
legitim und Selbstorganisierungspolitik, darüber könnte man reden.
Ich glaube, daß die Selbstorganisierungspolitik sowohl notwendig
als auch defizitär ist. Und es geht darum, aus dieser Feststellung
eine Politik entwickeln zu können. Und dafür tritt Kanak Attak
ein.
CAFEMORGENLAND (D): Ich habe eine gewisse Schwierigkeit, nur über
die Vergangenheit zu reden. Weil unser Problem mit der Gegenwart zusammenhängt.
Deswegen versuche ich, das rüberzubringen, was wir meinen, ohne eine
klare Trennlinie zu ziehen.
KANAKATTAK (O): Ich möchte jetzt gar nicht unbedingt auf das Zitat eingehen, weil ich denke... DIRNA (B): Aber darum geht es. KANAKATTAK (C): Nein, es geht nicht um das Zitat. Es geht, finde ich,
um die Frage, was will Cafe Morgenland oder Ex-Cafe Morgenland eigentlich?
Welche ist deine politische Position, frage ich mich. Weil du unterstellst
uns, es ginge nur um das Reinwaschen von Identitäten. Es geht tatsächlich
um Politik, und wenn ich Politik betreiben will, dann muß ich eine
Analyse dieser Gesellschaft vornehmen. Und mir ist wenig damit geholfen,
wenn ich sage, einmal Auschwitz immer Auschwitz. Es ist auch wenig damit
geholfen, für eine politische Analyse dessen, was in Serbien passiert
ist. Es ist wenig geholfen, damit zu sagen, da würde sich die Vernichtermentalität
der Deutschen oder der deutschen Identität äußern. Weil
ich dann überhaupt kein Handwerkszeug habe diesen Krieg zum derzeitigen
Zeitpunkt in seiner historischen Konstellation zu analysieren.
CAFEMORGENLAND (D): Wieso? Es steht doch drinnen, welche Kriterien ihr verwendet, um abzuschieben. KANAKATTAK (O): Es gibt keine Kriterien. KANAKATTAK (W): Es ist wirklich ein absolutes Zeugnis von Überinterpretation, wenn du aus diesem Satz, der einfach auf den skandalösen Punkt verweist, daß sogar unter dem existierenden Kräfteverhältnis in diesem Land das, was Däbler-Gmelin fordert, nicht möglich ist. Das ist das einzige, worauf dieses Zitat verweist und gleichzeitig, obwohl es nicht möglich ist, damit Politik und Pogromstimmung gemacht wird. Das ist alles, worauf dieses Zitat verweist. Uns Abschiebehilfe zu unterstellen, das ist wirklich, das entbehrt jeder ... DIRNA (B): Ich weiß nicht, ob wir uns vertiefen sollten bezüglich
der Grundproblematik in diesem Lande und in unsere Zusammenhänge;
wenn solche existieren. (D) von Cafe Morgenland hat ja vom Vernichtungsdrang
gesprochen. Vor dem Hintergrund dieses Phänomens werde ich kurz in
den Rassismus/Antirassismusdiskurs eingehen. Der antirassistische Diskurs
konstruiert in all seinen denkbaren Formen - und je radikaler desto schlimmer
- im Rahmen und auf dem Schlachtfeld dieser grundsätzlichen Dualität
des Vernichters und des zu Vernichtenden, einen fiktiven dritten Punkt
der sich letztenendes in der Position des Vernichters auflöst und
dessen Wirkungspotential dort erst zur Geltung kommt.
KANAKATTAK (O): Kannst Du sagen, was du unter Substanz verstehst? Davon habt ihr schon ein paar mal gesprochen. DIRNA (B): Das ist einfach die grundsätzliche geistige und physische Haltung gegenüber dessen, was hier im Gange ist... CAFEMORGENLAND (D): Genau das Gegenteil von dem, was du gesagt hast: Man könne nicht immer von Ausschwitz reden usw. Genau nur davon können wir reden. Und das wollen wir bewahren. KANAKATTAK (O): Ich bin die letzte, die nicht von Ausschwitz redet. Aber ich finde, Ausschwitz ist etwas anderes als der Kosovokrieg. Ganz klar. Dann hast Du Ausschwitz nicht kapiert. CAFEMORGENLAND (D):Danke. Dann mußt du mir das beibringen. DIRNA (B): Es ist letztenendlich so, daß die Gesellschaft hier einfach durch die Existenz und auch durch die Weiterexistenz von Auschwitz markiert ist. KANAKATTAK (O): Zugegeben. CAFEMORGENLAND (D): Nein, nicht zugegeben. Nicht so demagogisch, Antisemitismus ist bei Kanak Attak ein Tabuthema. Nur damit ihr die deutschen oder die anderen MigrantInnen nicht verprellt, ich sehe was ich lese. Es ist schrecklich, was da gemacht wird DIRNA (B): Ich muß zugeben, das Kanak Attak, egal wie sensationell
die Gruppe im Kommen ist, für mich kein Thema ist. Überhaupt
kein Thema insbesondere in Bezug auf die Positionierung innerhalb dieser
Dualität, die definiert worden ist. Aus diesem Grund finde ich diese
Konstellation angesichts des Themas absolut inkompatibel. Der Grund (der
Einladung) ist natürlich, daß Kanak Attak auf Grund der inneren
Struktur, der Intention usw. und auf Grund der Tätigkeitsfelder, auf
denen man etwas unternimmt und unternehmen will, populär geworden
ist. Deswegen mußt du (M) ja auch in Folge eines Automatismus darauf
gekommen sein, Kanak Attak als eine Instanz hier einzuladen, obwohl ich
wirklich eine qualitative Differenz zwischen Kanak Attak und den anderen
Menschen, die sich hier befinden, sehe.
(M) : Wie sieht eure Positionierung aus? Habt ihr überhaupt noch einen Anspruch auf eine Politik- bzw. Handlungsfähigkeit? CAFEMORGENLAND (D): Das destruktive ist das Entscheidende für unsere
Haltung, wie wir vorhin gesagt haben. Und es bleibt bestimmend. Konkret
bedeutet es für uns, daß wir denken, es ist die einzige Möglichkeit
aufgrund dieser katastrophalen Zustände und vernichtenden Zustände.
Und unter Vernichtung verstehen wir nicht nur - nicht nur ist gut - nicht
nur die physische Vernichtung allein, sondern genau, das was vorhin z.B.
stattgefunden hat. Die Reaktion von den Kanak Attak Leuten ist genau das,
wovor wir uns selber und andere warnen wollen. Und auch das Lernen
von solchem affirmativen Verhalten in dieser Gesellschaft ist das, was
wir damals Germanisierung genannt haben. Und das erschreckt uns. Ich behaupte,
das ist eine bewußte Entscheidung.
KANAKATTAK (W): In den philosophischen-ökonomischen Manuskripten hat Marx in seiner Auseinandersetzung mit den Anarchisten und den utopischen Sozialisten, d.h. den Adligen und Aristrokaten der Bewegung, auf die Verelendungstheorie hingewiesen, wofür sich solche Kreise stark gemacht haben. Und er hat den Begriff Kommunismus des Elends geprägt. Kanakismus des Ghettos. Das wofür Cafe Morgenland sich stark macht, ist ihrer Konzeption nach nichts anderes als ein aristrokatischer Kanak, eine aristrokatische Haltung für einen Kanakismus des Elends. DIRNA(B): Ich muß dazu sagen, daß es nicht der einzige Fehler war, den Marx begangen hat. KANAKATTAK (W): Als die türkische Linke Ende der 80er, Anfang der
90er Jahre das politische Feld des Antirassismus für sich gewonnen
und entdeckt hatte, mußten sie sich mit ähnlichen Kritikformen
und Diskussionsverweigerungspraktiken auseinandersetzen. Warum denn Rassismus,
wir haben hier doch Exilpolitik zu machen. Ich verweise nur auf einen Teil
deiner eigenen Erfahrung (R) und den Beitrag, den du persönlich und
auch Teile von Köxüz für die Entwicklung und die Etablierung
der Rassismusdiskussion in Deutschland in den Reihen der türkischen
Linken getan haben. Analog zu dieser Diskussionsverweigerung damals haben
wir heute mit einem ähnlichen Problem zu tun .Es gibt wirklich eine
fast strategisch eingesetzte Motivation, eine Diskussionshaltung einzunehmen,
die im Grunde genommen die Diskussion verweigert, inwiefern wir neue Felder
der Politik für uns aufgreifen und gleichzeitig für uns gewinnen
können. Ich sehe trotz der Brüche, trotz des konfrontativen Habitus,
der sich hier in der Diskussion artikuliert, eine Kontinuität. Und
das ist auch ein Teil des Kanak Attak Projektes. Diese Kontinuität
als ein Teil der lebendigen Geschichte des kanakschen Widerstandes stark
zu machen und greifbar, als eine Form des Wissens, wo man im Alltag unter
den jetzt existierenden Bedingungen auch handlungspolitisch und nicht nur
politisch, sondern auch im Alltag handlungsfähig sein kann.
CAFEMORGENLAND (D): Die Deutschen brauchen sich doch nur mit ihren Großeltern zu beschäftigen. Die brauchen nicht in so eine Gruppe zu gehen... KANAKATTAK (O): Man kann das auch gleichzeitig tun, stell dir vor. KANAKATTAK (W): Wie sieht das aus in der Praxis von Cafe Morgenland? Ihr habt doch auch mit vielen deutschen Genossen gemeinsam gearbeitet. Ich verstehe gar nicht das Problem. Das Ausschlaggebende war das politische Bewußtsein. CAFEMORGENLAND (D): In Cafe Morgenland waren nur sog. MigrantInnen, also Nicht-Deutsche. Wir haben zusammen mit anderen deutschen Gruppen und Personen zusammengearbeitet. Aber davon sprechen wir nicht. Ich habe Köxüz oder anderen MigrantInnengruppen keinen Vorwurf daraus gemacht, wenn sie mit Deutschen zusammengearbeitet haben. KANAKATTAK (O): Aber wenn ihr mit deutschen Gruppen zusammenarbeitet, stellt ihr doch auch Persilscheine aus. CAFEMORGENLAND (D): Wenn das so geschehen ist, daß wir dadurch Persilscheine ausgehändigt haben, ohne es zu wollen, dann will ich das noch nicht mal verteidigen. KÖXÜZ (R): Du hast vorhin Gemeinsamkeiten erwähnt zwischen
Köxüs und Kanak Attak. Das sehe ich leider nicht so. Köxüz
nennt sich ja MigrantInnen-Zeitschrift. Das entscheidende für uns
ist, daß die Initiative bei den MigrantInnen bleibt. Das ist für
uns entscheidend. Wir werden nicht nachforschen, wer wie weit Deutscher
ist usw.. Das wäre absurd. Wir werden als MigrantInnen bestimmend
sein, und deshalb habe ich keine Angst davor, daß irgendwelche Leute
aus der deutschen Linken zu uns laufen werden. Und das ist auch nicht innerhalb
der letzten fünf Jahre passiert.
KANAKATTAK (W): Die Glanzmomente von Cafe Morgenland bestanden genau darin, auf den Rassismus der deutschen Linken hinzuweisen und ihn zu skandalisieren. Diese Leistung hat den Rahmen der Auseinandersetzung gegen den Rassismus in diesem Land erweitert und klarer gemacht. Gleichzeitig hat das, was Köxüz gemacht hat, die Selbstorganisierung der Bewegung, genau dafür gesorgt, daß in der Praxis solche Momente auch erkämpft wurden. Aber ich habe diese nie als einander ausschließende Momente empfunden. KÖXÜZ (R): Selbstorganisierung entsteht nicht deshalb, weil wir versuchen, sie zu fördren. Es ist der Alltag hier in dieser Gesellschaft der dazu führt, daß die von der herrschenden Gesellschaft als „Andere“ betrachtete sich spontan und strukturiert wehren. Mein Anliegen sehe ich darin, daß sich in diesem Selbstorganisierungsprozeß auch für andere Dinge eingesetzt wird. Gegen die Diskriminierung der Frauen, gegen die Verachtung gegenüber Homosexuellen oder gegen eine Identifikation mit einer Nation usw. Ich sehe in dieser Hinsicht etwas Positives, was wir in diesen Kreisen tun müssen. Ich glaube nicht, daß nur dadurch eine gesamtgesellschaftliche Veränderung auftritt. Aber es ist möglich daß die von der Gesellschaft als „Andere“ definierten in gewisser Weise zueinander gehen können. CAFEMORGENLAND (D): Es stimmt. Wir hatten den Ansatz bzw. die Intention,
den Rassismus der deutschen Linken anzugreifen. Das war der Inhalt der
Auseinandersetzung, wo ihr Recht habt. Deswegen war uns damals schon die
Kritik, die ihr an uns hattet sehr sympathisch. Auch wenn wir nicht darauf
reagierten. Kann sein, deswegen wiederhole ich das nochmal, daß wir
dabei auch Persilscheine, Entlastungszeugnisse, verteilt haben an diejenigen,
die mit uns zusammengearbeitet haben. Die haben sich gebrüstet mit
Cafe Morgenland. Ich meine der Unterschied zur jetzigen Situation bei Kanak
Attak ist, daß es nicht unsere Absicht war.
M: Glaubt ihr, daß es einen Sinn macht, diese Auseinandersetzung so wie sie auch heute geführt worden ist, weiter zu führen? Kann es eine gemeinsame Debatte zwischen diesen Konzepten geben? Und wenn ja, wie könnte bzw. sollte sie aussehen? CAFEMORGENLAND (D): Wie gesagt, wir haben das Treffen heute als Abschluß gesehen; weil die Konstellationen sich verändert haben. Ich will noch etwas hinzufügen. Das Problem ist und bleibt ein Deutschenproblem und kein MigrantInneproblem. Die Dualität, die wir angesprochen haben, und die Tatsache, daß es sich nach wie vor um ein deutsches Problem handelt sind die Hauptkriterien, nach denen wir die Dinge bemessen, angucken und bewerten. Eine Auseinandersetzung in der Form wie hier halten wir nicht mehr für möglich, weil die Dinge sich bereits so überschlagen haben. Die Forderungen von Kanak Attak mit den Positionen, die sie vorhin nicht widerlegten, wurden klargestellt. Solche Versuche, wie die Plattform von Kanak Attak, betrachte ich als sehr produktiv. Weil es die besten Integrationsformen sind, die genau dieses German Problem verstärken. Wir haben nur eine Sicht, und wir müssen uns wappnen und schauen, wie wir uns dagegen wehren können, wie solche Versuche, die dieses Vernichtungspotential vermehren, vermindert und abgewehrt werden können. Das ist so eine absolute konfrontative Ebene, und deswegen ist eine Auseinandersetzung in solchen Zusammenhängen nicht mehr möglich. KANAKATTAK (O): Es geht ja letzlich gar nicht darum, ob eine Diskussion weitergeführt werden soll oder nicht. Die Frage ist letzlich, kann man und will man an bestimmten Punkten zusammenarbeiten? Ist es möglich, sich zusammen zu tun für bestimmte politische Anliegen. Und ich denke, das wird letzlich die Praxis beweisen. Und nur an einer praktischen Aktion kann sich die Diskussion überhaupt entzünden. KÖXÜZ (R): Ich bleibe bei dem Konzept der MigrantInnenselbstorganisierung und Selbstverteidigung. Wie es weiter geht, das weiß ich nicht. MigrantInnenselbstorganisierung ist ja nicht verschwunden. Die größte strukturierte Selbstorganisierung findet zur Zeit in Ostdeutschland statt durch die afrikanischen Flüchtlinge und der Organisation THE VOICE. Die sind wahrscheinlich besser organisiert als wir damals. Und sich davon ein Bild machen und das betrachten, um etwas zu machen. Da und überall wo die MigrantInnen sich bewegen muß man gucken. KANAKATTAK (W): Und da werden wir uns also wieder mal treffen. CAFEMORGENLAND (D): Die Frage ist nur auf welcher Seite. |