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26.04.1937. Luftangriff auf Guernica



Testlauf für den Weltkrieg

Noch am heutigen 80. Jahrestag der Zerstörung der spanischen Stadt Guernica durch den Bombenterror der deutschen Legion Condor hält die Beihilfe der Bundeswehr für das ehrende Gedenken an Condor-Kampfpiloten an. Condor-Flieger hatten Guernica am 26. April 1937 vollständig in Schutt und Asche gelegt, um dem Faschisten Francisco Franco im Spanischen Bürgerkrieg zum Sieg zu verhelfen. Das Massaker, das mindestens 300, laut manchen Schätzungen sogar mehr als 1.000 Menschen das Leben kostete, diente zugleich als Testlauf und gelungenes Vorbild für spätere deutsche Luftangriffe auf Polen, die Niederlande, Jugoslawien und die Sowjetunion. Zur Erinnerung an den im NS-Reich populären Condor-Kampfpiloten Werner Mölders kann eine "Mölders-Vereinigung" bis heute Gedenkveranstaltungen auf der Luftwaffenbasis Neuburg an der Donau durchführen. Auch erlaubt es ihr die Bundeswehr, in ihrer Neuburger Kaserne die Zeitschrift "Der Mölderianer" zu erstellen, die - unter Mitwirkung aktiver Soldaten - Mölders' Angedenken ehrt. Deutsche Stellen kümmern sich darüber hinaus immer noch um spanische NS-Kollaborateure: Angehörige der División Azul, die in der Wehrmacht gegen die Sowjetunion kämpften, beziehen Versorgungsleistungen des deutschen Staates; sie beliefen sich in den vergangenen Jahren auf Millionensummen.

Massaker der Luftwaffe

Die Intervention deutscher Soldaten in den Spanischen Bürgerkrieg - ihr erster Auslandseinsatz nach dem Ersten Weltkrieg - begann bereits wenige Tage nach dem Putsch von General Francisco Franco vom 17. Juli 1936. Zunächst stellte Berlin Flugzeuge vom Typ Ju 52 zur Verfügung, um tausende Putschisten aus dem Protektorat Spanisch-Marokko nach Spanien zu verbringen. Zugleich begann der Aufbau der Legion Condor, einer in Spanien kämpfenden Wehrmachtseinheit, in der in den folgenden Jahren rund 19.000 deutsche Militärs kämpften. Berlin verfolgte damit vor allem das Ziel, den Faschismus in Europa zu stärken; daneben ging es der Wehrmacht aber auch darum, Einsatzerfahrungen für die geplanten späteren Kriege zu sammeln. Kampfpiloten der Legion Condor kamen in Spanien ab November 1936 zum Einsatz und verübten schon bald Massaker an der Zivilbevölkerung. In der Nacht vom 4. auf den 5. Dezember 1936 etwa warfen deutsche Luftwaffenpiloten 36 Tonnen Bomben auf Madrid ab; am 14. Dezember 1936 brachten sie bei einem Luftangriff auf die Ortschaft Bujalance in der Nähe von Córdoba rund 120 Menschen ums Leben. Ihr wohl schlimmstes Massaker begingen sie am 26. April 1937 in der nordspanischen Stadt Guernica unweit Bilbao. Deutschen Bomben fielen damals mindestens 300, nach manchen Schätzungen mehr als 1.000 Menschen zum Opfer.[1]

"Bombenlöcher - einfach toll"

Deutsche Militärs werteten den massenmörderischen Angriff auf Guernica als vollen Erfolg. Man habe die Stadt "buchstäblich dem Erdboden gleichgemacht", notierte der damalige Stabschef der Legion Condor, Oberstleutnant Wolfram Freiherr von Richthofen. Bereits die erste Angriffswelle habe verheerende Folgen gehabt: "Überall schon Qualm ..., keiner konnte mehr Straßen-, Brücken- und Vorstadtziel erkennen und warf nun mitten hinein".[2] 250-Kilogramm-Bomben hätten "eine Anzahl Häuser" zum Einsturz gebracht "und zerstörten die Wasserleitung", fuhr Richthofen fort: "Die Brandbomben hatten nun Zeit, sich zu entfalten und zu wirken. Die Bauart der Häuser: Ziegeldächer, Holzgalerie und Holzfachwerkhäuser, führte zur völligen Vernichtung." Immer noch seien "Bombenlöcher auf den Straßen ... zu sehen": "Einfach toll." Die deutsche Luftwaffe nutzte ihre Erfahrungen aus Guernica später für Bombardements im Zweiten Weltkrieg, so etwa beim Angriff auf den polnischen Ort Wieluń im Morgengrauen des 1. September 1939, dem wohl mehr als 1.200 Menschen zum Opfer fielen, aber auch bei den Luftangriffen auf Warschau, Rotterdam, Belgrad sowie diverse sowjetische Städte. Man habe in Spanien "sehr wertvolle Erfahrungen über die moralische und effektive Wirkung der Bombenangriffe gesammelt", hatte bereits eine deutsche Studie aus dem Jahr 1938 konstatiert.[3]

Bundeswehr-Karrieren

Die "wertvollen Erfahrungen" aus dem Spanischen Bürgerkrieg sind auch für die Bundeswehr nicht verloren gewesen: Soldaten der Legion Condor machten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in den bundesdeutschen Streitkräften eine zweite Karriere. Condor-Oberleutnant Hermann Aldinger etwa stieg in der Bundeswehr als Generalmajor bis zum Kommandeur der 1. Luftwaffendivision auf; 1966 erhielt er das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Der gleiche Orden wurde auch dem ehemaligen Condor-Kämpfer Martin Harlinghausen verliehen, der es bis in der Bundeswehr bis zum Befehlshaber der Luftwaffengruppe Nord brachte. Als Befehlshaber der Luftwaffengruppe Süd war eine Zeitlang der Condor-Flieger Johannes Trautloft tätig. Heinz Trettner, einst Legion Condor-Staffelkapitän, wirkte in den Jahren von 1964 bis 1966 sogar als Generalinspekteur der Bundeswehr.
"Ein charaktervolles Vorbild"
Entsprechend ist das ehrende Gedenken an Soldaten der Legion Condor in der Bundeswehr bis heute nicht verstummt. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Erinnerung an Werner Mölders, einen der höchstdekorierten und prominentesten Luftwaffenflieger der NS-Zeit. Mölders war von April bis Dezember 1938 in Spanien im Einsatz; er erzielte dort eine höhere Anzahl an Feindabschüssen als alle anderen deutschen Piloten. Zwar hat der damalige Verteidigungsminister Peter Struck im Jahr 2004 entschieden, den ehrenden Namenszusatz "Mölders", den das Jagdgeschwader 74 der Luftwaffe in Neuburg an der Donau sowie eine Bundeswehrkaserne in Visselhövede trugen, zu streichen. Doch fanden in den vergangenen Jahren auf der Luftwaffenbasis Neuburg an der Donau auch weiterhin inoffizielle Mölders-Gedenkfeiern statt. Weil Mölders - soldatisch wie menschlich - ein "Vorbild" gewesen sei, lebe "noch heute der Name dieses charaktervollen Soldaten in der Erinnerung fort", erklärte Oberst a.D. Helmut Ruppert bei einer Veranstaltung anlässlich seines 71. Todestags im November 2012.[4] Ruppert sprach damals in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Mölders-Vereinigung, die bis heute, wie die Linksfraktion im Bundestag berichtet, mehrere Räume der Neuburger Wilhelm-Frankl-Kaserne für wöchentliche Redaktionsbesprechungen zur Herausgabe ihrer Zeitschrift "Der Mölderianer" nutzen darf.[5] Soldaten der in Neuburg stationierten Einheit, die mittlerweile in Taktisches Luftwaffengeschwader 74 umbenannt wurde, verfassen nach Angaben der Bundesregierung während ihrer Dienstzeit Beiträge für die Zeitschrift.[6] Über die Mölders-Vereinigung erklärt der CSU-Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl, ein Mitglied im Bundestags-Verteidigungsausschuss, sie sei "ein wichtiges Bindeglied zwischen Geschwader und Gesellschaft".[7]

Millionen für Kollaborateure

Während Entschädigungen für die Opfer des deutschen Bombenterrors im Spanischen Bürgerkrieg bis heute ausbleiben - nähere Informationen dazu hier -, kümmern sich deutsche Stellen wohlwollend nicht nur um deutsche, sondern auch um spanische Täter. Dies gilt insbesondere für frühere Angehörige der Blauen Division (División Azul), einer Truppe spanischer Freiwilliger, die von 1941 bis 1944 in der 250. Infanterie-Division der Wehrmacht an der Seite der Deutschen gegen die Sowjetunion kämpften. Ihnen wurden im Rahmen eines Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem franquistischen Spanien vom 29. Mai 1962 Leistungen nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes zugesagt.[8] Die Bundesregierung sieht sich nicht in der Lage, die genaue Summe, die seit 1962 an spanische Kollaborateure gezahlt wurde, zu rekonstruieren. Eine Vorstellung von der Höhe vermittelt die Tatsache, dass sie ihnen noch 2015 - zu einer Zeit also, als nur noch 50 leistungsberechtigte Kollaborateure oder deren Angehörige am Leben waren - mehr als 100.000 Euro überwies. Insgesamt haben annähernd 47.000 Spanier in der División Azul gekämpft.[9]


[1] S. dazu Die spanische Kriegshochschule.
[2] Zitiert nach: Klaus A. Maier: Die Zerstörung Gernikas am 26. April 1937. Militärgeschichte. Zeitschrift für historische Bildung 1/2007.
[3] Zitiert nach: Hannes Heer: Guernica oder der Beginn des Zweiten Weltkriegs (Teil II). In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 57 (2009), 677-701.
[4] Erinnerung an Werner Mölders. www.augsburger-allgemeine.de 26.11.2012.
[5], [6] Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Eva Bulling-Schröter, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Die Linke. Deutscher Bundestag, Drucksache 18/7109, 02.02.2016.
[7] Bastian Sünkel: Der Kampfpilot und sein Erbe. www.augsburger-allgemeine.de 26.02.2016.
[8], [9] Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Die Linke. Deutscher Bundestag, Drucksache 18/6259, 03.11.2015

Quelle:
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59582