ROSTOW AM DON, Stadt und
Verwaltungszentrum der Oblast Rostow im Süden Rußlands. Kurz vor dem
Zweiten Weltkrieg lebten in der Stadt mehr als 27000 Juden bei einer
Gesamtbevölkerung von 510253 Einwohnern. Am 21. November 1941 wurde
Rostow nach schweren Kämpfen von den Deutschen besetzt. Eine Woche später,
am 29. Novem¬ber, war es jedoch schon von der Sowjetarmee zurückerobert.
Die Deutschen nahmen Rostow zum zweiten Mal am 27. Juli 1942 ein. Bis
dahin hatten die meisten Juden die Stadt bereits verlassen oder waren
evakuiert worden. Nur einige tausend waren noch in der Stadt, vor allem
Frauen, Kinder und ältere Menschen. In den ersten Tagen der Besatzung
Rostows ernannten die Deutschen einen Juden namens Lurie zum Ältesten. Am
4. August 1942 wurde eine Ankündigung mit Lunes Unterschrift
veröffentlicht, derzufolge sich alle Juden melden mußten. Drei Tage später
folgte eine weitere Aufforderung an die Juden, sich am 11. August an einem
Sammelpunkt einzufinden und ihre Kleidung, ihre Wertsachen und die
Schlüssel zu ihren Wohnungen mitzubringen. Die Juden sollten zu ihrer
eigenen Sicherheit, so lautete die Begründung, an einen anderen Ort
gebracht werden. An diesem Tag wurden 2000 der Rostower Juden in Lastwagen
zur »Schlangen-Schlucht« (Smijewa Balka) außerhalb der Stadt gebracht, wo
sie von Angehörigen des Sonderkommandos 10a ermordet wurden. Mehrere
Dutzend Juden wurden später gefangengenommen und in GASWAGEN ermordet.
Rostow wurde am 14. Februar 1943 durch die Sowjets befreit. Literatur:
Ehrenburg/ V. Grossmann (Hrsg.), The Black Book of Soviet feisry, New York
1981.
siehe:
Enzyklopädie des Holocaust, Band III
Am 4. August 1942
wurde in Rostow eine Bekanntmachung über die Registrierung der Juden
angeschlagen, die unterzeichnet war mit: «Der Älteste der Jüdischen
Gemeinde Lourier». In der Bekanntmachung hieß es, daß die Juden unbesorgt
in der Stadt leben könnten, «da sich der deutsche Kommandant für ihre
Sicherheit verbürgt». Fünf Tage später erschien eine weitere
Bekanntmachung mit der Unterschrift Lourier: « Um das Leben der Juden vor
unverantwortlichen Attacken aufgebrachter Elemente sicherzustellen, sieht
sich die deutsche Kommandantur gezwungen, sie aus der Stadt auszusiedeln
und auf diese Weise ihren Schutz zu erleichtern.» Die Juden wurden
aufgefordert, sich am 11. August an den angege¬benen Punkten zu sammeln,
ihre Wertsachen, Kleidung und Wohnungsschlüssel mitzubringen, während alle
übrigen Sachen in den Wohnungen belassen werden sollten. ... Den
Juden wurde befohlen, sich zu entkleiden. Die Sachen wurden zur Seite
gelegt. An der Smijewskaja Balka wurden die Juden erschossen und sofort
mit Lehm bedeckt. Kleine Kinder warfen sie lebend in die Gruben. Einen
Teil der Juden ermordeten sie im Gaswagen. Einen Schub brachte man nackt
vom Tierpark zur Schlucht. Mitten unter ihnen befand sich eine
wunderschöne Frau, ebenfalls nackt, die zwei winzige Mädchen mit Schleifen
im Haar an den Händen hielt. Einige Mädchen hatten sich untergefaßt und
sangen auf ihrem letzten Weg. Ein Alter trat an einen Deutschen heran und
schlug ihm ins Gesicht. Der Deutsche schrie auf, warf den Alten zu Boden
und trampelte ihn zu Tode. Die Anwohner haben beobachtet, wie in der
Nacht vom 11. zum 12. August eine unbekleidete Frau aus der Grube
herausgekrochen kam, einige Schritte machte und dann tot zu Boden stürzte.
Am folgenden Tag schrieb die von den Deutschen herausgegebene Zeitung
«Golos Rostowa»* : «Die Luft ist gereinigt...»"*
aus:
Wassili Grossmann, Ilja Ehrenburg (Herausgeber),
Das Schwarzbuch, Der Genozid an den sowjetischen Juden
(in deutscher Sprache herausgegeben von Arno Lustiger), 1994
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