29.01.1943. Ausführungsbestimmungen zu Himmlers "Auschwitz-Befehl"

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29.01.1943. Ausführungsbestimmungen zu Himmlers "Auschwitz-Befehl"


Die physische Vernichtung der deutschen Zigeuner wurde durch einen - mit einer komplexen Vorgeschichte verbundenen - Befehl Himmlers vom 16. Dezember 1942 eingeleitet. Er schrieb vor, „Zigeunermischlinge, Rom-Zigeuner und nicht deutschblütige Angehörige zigeunerischer Sippen balkanischer Herkunft" - jene Gruppen wurden als „zigeunerische Personen" zusammengefaßt - „nach bestimmten Richtlinien auszuwählen und in einer Aktion von wenigen Wochen Dauer in ein Konzentrationslager einzuweisen." Der Radikalisierungsschub, den dieser Befehl zum Ausdruck brachte, stand in Zusammenhang mit einem Konkurrenzkampf zwischen Ritters Rassenhygienischer Forschungsstelle und dem SS-Amt „Ahnenerbe" um Zigeunerforschung und Zigeunerpolitik, mit der sich zuspitzenden Kriegslage und der ungefähr gleichzeitig durchgeführten Deportation der letzten Juden aus dem Deutschen Reich.

Das RSHA (Reichssicherheitshauptamt) erließ am 29. Januar 1943 die Ausführungsbestimmungen zu Himmlers Befehl. Danach sollten „reinrassige" Sinti sowie die „im zigeunerischen Sinne guten Mischlinge" von einer Internierung im KZ Auschwitz ausgenommen bleiben. Dies sollte auch für einige andere Gruppen „sozial angepaßter" „zigeunerischer Personen" gelten, für die jedoch alternativ zur Deportation die Sterilisation vorgesehen war, wenn sie das Alter von zwölf Jahren erreicht hatten. Für die Zuordnung von Sinti zur Gruppe der „reinrassigen" oder „Mischlingszigeuner" rekurrierten die RSHA-Bestimmungen vom 29.1.1943 auf die „gutachtlichen Äußerungen", die die Rassenhygienische Forschungsstelle zur rassistischen Klassifikation der Zigeuner produzierte.

Die Praxis der Selektion für Auschwitz entsprach aber nur begrenzt den Anordnungen des RSHA. Befunde aus mehreren Städten zeigen, daß die Ausnahmebestimmungen für „reinrassige" Sinti sowie für „sozial angepaßte Zigeunermischlinge" nicht durchweg eingehalten wurden. Die örtlichen Stellen der Kriminalpolizei erblickten im Auschwitz-Erlaß des RSHA vielfach die Gelegenheit, den jeweiligen Ort völlig „zigeunerfrei" zu bekommen. Auch mehrere Zeugnisse aus Auschwitz selbst belegen, daß dort zahlreiche „sozial angepaßte" Zigeuner, insonderheit Träger militärischer Tapferkeitsauszeichnungen, festgehalten wurden.
 

Michael Zimmermann, in: Dachauer Hefte 5, Die vergessenen Lager, 1994