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25.07.1941 Abschiedsbrief von Slata Wischnjatskaja


Diesen Brief habe ich in der Ortschaft Byten im Gebiet Baranowitschi gefunden. Geschrieben hat ihn Slata Wischnjatskaja vor ihrer Hinrichtung und der ihrer zwölfjährigen Tochter Judith. Der Brief ist an ihren Mann, den Vater des Kindes gerichtet. In Byten haben die Deutschen etwa 1800 Juden umgebracht.

Major Wladimir Demidow
 

An Herrn Wischnert
Orange, USA
(Brief in jiddischer Sprache).

 

31.Juli 1942
 

An meinen Moschele und all meiner Lieben!
 


Am 25. Juli hat hier ein schreckliches Massaker stattgefunden, wie auch in allen anderen Städten. Es war Massenmord. Nur 350 Menschen sind am Leben geblieben. 850 wurden von den Mördern des schwarzen Todes umgebracht. Wie junge Hunde warfen sie die Kinder in die Abtritte, sie warfen sie lebendig in die Gruben. Viel kann ich nicht schreiben, doch ich hoffe, daß irgend jemand zufällig mit dem Leben davon kommt, der von unseren Qualen, von unserem blutigen Ende berichten wird. Noch konnten wir uns retten ... doch wie lange noch? Wir erwarten jeden Tag den Tod und beweinen unsere Nächsten. Die Deinen, Moschele, sind schon tot. Doch ich beneide sie. Ich schließe, es ist unmöglich zu schreiben, und ich kann ohnehin nicht ausdrücken, was wir erleiden. Bleibt alle gesund. Das einzige, was Ihr für uns tun könnt, ist Rache an unseren Mördern zu üben. Wir rufen Euch zu: Rächt uns! Ich küsse Euch inniglich. Ich nehme vor unserem Tod Abschied von Euch allen.

(Nachschrift in polnischer Sprache)
Lieber Vater! Vor dem Tod nehme ich Abschied von Dir. Wir möchten so gerne leben, doch man läßt uns nicht, wir werden umkommen. Ich habe solche Angst vor diesem Tod, denn die kleinen Kinder werden lebend in die Grube geworfen, Auf Wiedersehen für immer. Ich küsse dich inniglich.


Deine J.
Ein Kuß von G

aus:
Wassili Grossmann, Ilja Ehrenburg (Herausgeber)
Das Schwarzbuch, Der Genozid an den sowjetischen Juden
(in deutscher Sprache herausgegeben von Arno Lustiger), 1994