Am 19. Juni 1942 forderten die Sortierer der Beute aus Chelmno, die im
Lager Pabianice arbeiteten, dieselbe »Gefahrenzulage« von 15 Mark am Tag,
wie sie das Vernichtungskommando wegen der bestehenden Ansteckungsgefahr
bekam. »Gefahrenzulage« verlangten auch die polnischen Chauffeure, die im
Zuge der Umsiedlungsaktionen in das Ghetto in Lodz fahren mußten. Es wurde
ferner an das Landesernährungsamt in Posen die Aufforderung gerichtet, den
im Sortierbetrieb Arbeitenden Trinkbranntweinzuteilung zu gewähren, da ja
die Bewachungsmannschaften des Lagers Chelmno schon je Mann und Tag einen
Viertelliter Schnaps zugeteilt erhielte. Es wurde dabei angeführt, daß das
Sortieren im »äußersten Grade ekelerregend« sei. Im Herbst 1943 beschwerte
sich das Ernährungsamt darüber, daß die Ghettoverwaltung immer noch
Branntwein fordere, obgleich die Verteilung von Branntwein in Chelmno
schon lange eingestellt worden sei. Die Antwort hierauf war, daß nach wie
vor Kontrollen im Ghetto durchzuführen seien und die damit verbundenen
Widerwärtigkeiten die Zuteilung von Spirituosen ohne weiteres
rechtfertigten.
......Im Januar 1943 hat zum Beispiel das Winterhilfswerk der Partei in
Posen sich bei der Ghettoverwaltung in Lodz darüber beschwert, daß aus
Chelmno gelieferte Kleidung nicht mit den zuvor gezeigten Musterstücken
übereinstimme. Die Kleidung war von Schmutz und Blut befleckt, vielfach
waren die Judensterne nicht entfernt worden. Es bestehe die Gefahr, daß
über die in den Lagern arbeitenden polnischen Landarbeiter »die zur
Betreuung im WHW vorgesehenen Rückwanderer von der Herkunft der Sachen
Kenntnis erhalten und das WHW erneut in Mißkredit kommt«.
aus:
Gerald Reitlinger
Die Endlösung, Ausrottung der Juden Europas 1939 - 1945
Im Lauf des Jahres 1942 wurden Juden aus allen anderen 36 Orten mit
jüdischen Gemeinden im Warthegau nach Chelmno transportiert. Dorthin
wurden auch einige hundert Polen deportiert, wie auch sowjetische
Kriegsgefangene und 88 tschechoslowakische Kinder aus dem Dorf Lidice.
Das Eigentum und die Kleider der Opfer wurden in Lagerhäuser in der Stadt
Pabianice gebracht, die die Ghettoverwaltung von Lodz unter Hans Biebow
eingerichtet hatte. Diese Gegenstände wurden dann verteilt oder an die
deutsche Bevölkerung des Warthegaus verkauft.
siehe:
Enzyklopädie des Holocaust, Band I |