Anfang 1943 entschieden die Deutschen, das Ghetto endgültig zu
liquidieren.
Am 3. März um 7 Uhr morgens befahl der Polizist Schur den Wachen, die
Juden nicht über die Brücken zu lassen. Die Leute wurden auf die Straße
gejagt, die Häuser von Polizisten, die mit Gewehren und Äxten ausgerüstet
waren, umstellt.
Lastwagen fuhren vor. Wer nicht schnell genug war, wurde mit Kolbenhieben
und Axtschlägen traktiert.
An diesem Tag kamen abermals 1300 Menschen um. Die Judenstraße bot einen
schrecklichen Anblick; sie war über und über mit Blut bedeckt, vermischt
mit Federn, zerbrochenem Geschirr und zerschlagenen Möbeln - den Spuren
sinnloser, schändlicher Zerstörung von Menschenleben und ihrer Hände
Arbeit... Nach diesem Massaker blieben nur noch 127 Männer und 8 Frauen am
Leben, die für eine Arbeit in den Werkstätten und Fabriken vorgesehen
waren.
Diese Fachleute wurden in die Schule gebracht, wo man ein Lager
einrichtete. Das Lager wurde Tag und Nacht streng bewacht, die Fenster
waren mit Stacheldraht vergittert. Doch ungeachtet dieser starken
Sicherungen flohen im Verlauf von zwei Wochen 67 Menschen aus dem Lager.
Einige flohen in das von den Rumänen besetzte Gebiet, d. h. in jenes
Gebiet, das den Rumänen zeitweise von den Deutschen überlassen worden war.
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aus:
Wassili Grossmann, Ilja Ehrenburg (Herausgeber)
Das Schwarzbuch, Der Genozid an den sowjetischen Juden
(in deutscher Sprache herausgegeben von Arno Lustiger), 1994 |